Wie Machine Learning die HSLU und Eventfrog zusammenbringt

19.10.2021

Benji

Wie Machine Learning die HSLU und Eventfrog zusammenbringt - Der Eventfrog Blog
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Innosuisse  die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung fördert jährlich wissenschaftsbasierte Innovationsprojekte von Firmen und Hochschulen. Nur wenige Projekte erhalten den Zuschlag. Eventfrog hat die Jury mit seinem Business Modell, der Vision und dem mit viel Herzblut vorbereiteten Gesuch überzeugt. Das mehrfach ausgezeichnete Businessmodell von Eventfrog disrupiert die Eventbranche mit kostenlosem Ticketingangebot.

Und darum geht’s: Durch eine zweijährige Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern (HSLU) im Bereich Machine Learning soll hauptsächlich die Datenqualität verbessert werden, welche unter anderem durch Importe von verschiedenen Kulturzeitschriften eine grosse Herausforderung darstellt. Auch die Datenqualität bezüglich Veranstaltungsorte gilt es zu verbessern. Die Plattform soll ausserdem automatisch erkennen, falls ein Eintrag nicht den AGB’s entspricht. Zum Beispiel werden Events mit rassistischem oder gewalttätigem Hintergrund nicht geduldet und sollen, wie auch fälschlicherweise publizierte Testevents, automatisch aussortiert werden.

Dazu gehören datenbasierte Event-Empfehlungen für Ticketkäufer:innen und auf Seiten der Veranstalter:innen, spezifische Empfehlungen und Tipps im Bereich des Ticketing und im Eventmanagement generell. Die zweijährige Zusammenarbeit startete am 1. Oktober 2021.

Severin Wyss und Michael Hochstrasser, beide Machine Learning Engineers bei Eventfrog beantworten einige Fragen zum aufregenden Projekt und geben Einblicke ins Thema Machine Learning. Auch Marc Bravin, Data Scientist und Doktorand an der Hochschule Luzern, teilt mit uns seine Einschätzungen zur mehrjährigen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Privatwirtschaft.

Eventfrog HSLU Innosuisse Team

Im Bild (v. l. n. r.): Severin Wyss (Eventfrog), Marc Pouly, Solange Emmenegger (beide HSLU), Michael Hochstrasser (Eventfrog), Reza Kakooee, Marc Bravin (beide HSLU)

Hallo Michael und Severin, herzliche Gratulation zum Projekt-Zuschlag von Innosuisse! Zuallererst: Was bedeutet eigentlich “Machine Learning” genau und woran arbeitet ein Machine Learning Engineer in seinem Alltag?

Unter dem Begriff Machine Learning fasst man unterschiedliche Modelle und Algorithmen zusammen, die es einem Computer erlauben, aus Daten Informationen zu gewinnen und basierend darauf eigenständig Entscheidungen zu treffen. Während frühere Programme zumeist mit harten, von Programmierern kreierten Regeln gearbeitet haben, “lernt” neu das Programm diese Regeln selbständig aus möglichst vielen Daten.

Beispielsweise könnte eine solche Regel früher gelautet haben: “Wenn ein Frosch grün ist, ist es ein Laubfrosch”. Mit Machine Learning kann die Froschart anhand von Bildern, Tönen und vielen weiteren unstrukturierten Daten innerhalb von Sekunden bestimmt werden, ohne dass jemand eine solche Regel formulieren muss.

Als Machine Learning Engineer suchen wir für eine bestimmte Fragestellung die besten Modelle heraus und trainieren dieses anhand von vielen Beispielen, wodurch das Modell dann lernt, genau diese eine Aufgabe zu erfüllen. 

Weshalb ist Machine Learning die Zukunft?

Computer haben uns in den letzten dreissig Jahren mit der Automatisierung von klar strukturierten Aufgaben eine grosse Effizienzsteigerung eingebracht. Doch gab es bis anhin immer noch Aufgaben, die für einen Menschen zwar monoton und einfach sind, aber Computer vor unlösbare Probleme stellte. Beispielsweise ist es für Menschen sehr einfach festzustellen, ob es sich bei zwei Eventbeschreibungen um dieselbe Veranstaltung handelt. Ein regelbasierter Algorithmus kommt hier aber bereits an seine Grenzen, da sich keine einfachen Regeln ableiten lassen - Freitexte oder Bilder sind zu unstrukturiert dafür und bereits kleine Unterschiede in den Daten verunmöglichen klassischen Programmen die Beantwortung dieser Frage. Mit Machine Learning geben wir Programmen diese Fähigkeit und ermöglichen, solche Fragestellungen viel schneller und grossflächiger zu beantworten, als dass dies Menschen tun können. Durch Machine Learning wird dadurch die Skalierbarkeit gesteigert.

Könnt ihr den Lesern in einfachen Worten erklären, wie der Ablauf eines mehrjährigen wissenschaftsbasierten Projektes aussieht in der Welt des Machine Learnings?

Der Prozess ist sehr ähnlich wie generelles Forschen für Industriezwecke. Wir haben uns konkrete Fragestellungen vorgenommen, die wir mit Hilfe von Machine Learning beantworten möchten. Die wichtigste Grundlage dafür ist eine grosse Vielzahl an Daten in guter Qualität - denn das sind die Lernbeispiele für unsere Modelle. Das Trainieren und Evaluieren der Modelle ist eine sehr zeitaufwendige Aufgabe, das Ergebnis und der Fortschritt ist anfänglich praktisch nicht abschätzbar - hier findet die wissenschaftliche Arbeit statt. Sobald ein Modell “im Labor” gut genug ist, werden wir es in die bestehende Applikation einbinden, um festzustellen, ob es in der Realität standhält. Diese Aufgabe deckt sich in vielen Bereichen mit der klassischen Software-Entwicklung.

Wie konnte Eventfrog Innosuisse überzeugen unserem Gesuch den Zuschlag zu geben. Was hat die Jury eurer Meinung nach von diesem Projekt überzeugt?

Es ist der Innosuisse wichtig, dass akademische Hochschulen und Unternehmen gemeinsam wissenschaftsbasierte Projekte umsetzen, welche für die Wirtschaft und Gesellschaft einen Mehrwert schaffen. Wir konnten die Innosuisse überzeugen, weil wir konkrete Ideen für Anwendungen von Machine Learning haben, die sowohl wissenschaftlich neuartig als auch wirtschaftlich interessant sind. Neuartig ist beispielsweise die Anforderung an Recommender-Systeme: Diese Systeme haben zum Ziel, z. B. einer Kundin eine persönliche Empfehlung der für sie relevantesten Produkte & Dienstleistungen zu geben. In unserem Fall sind die Produkte, die Veranstaltungen, sehr kurzlebig und zum Zeitpunkt der Empfehlung sind noch fast keine Daten zum Kaufverhalten bekannt. Es braucht einen zusätzlichen Schritt, um den neuen Event mit vergangenen Veranstaltungen zu vergleichen, über die es bereits Informationen zu Präferenzen der Nutzer:innen gibt.

Mit der Hochschule Luzern kriegt Eventfrog einen sehr starken Partner. Was erwartet ihr von der gemeinsamen Zusammenarbeit?

Eventfrog hat zwei Experten im Bereich Machine Learning, welche mit drei Expert:innen der Hochschule Luzern zusammenarbeiten werden. Wir pflegen einen engen und aktiven Wissensaustausch und können von der gesammelten Erfahrung der ganzen Forschungsgruppe aus einer Vielzahl von anderen Projekten der Hochschule profitieren. Entsprechend werden unsere Ideen vollständig hinterfragt und mit wertvollen Inputs erweitert.

Was erhofft ihr euch persönlich von dieser zweijährigen Zusammenarbeit?

Wir haben die wunderbare Gelegenheit, gleichzeitig mit Expert:innen aus der Forschung und der Industrie zu arbeiten. An erster Stelle steht für uns der Gewinn von praktisch anwendbarer Erfahrung, die wir zum Vorteil von Eventfrog einsetzen können. Diese dürfte durch die Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern eine hohe wissenschaftliche Komplexheit mit realen wirtschaftlichen Anwendungsfällen kombinieren.

Auf welche positiven Effekte können sich Veranstaltende und Ticketkäufer:innen freuen?

In erster Linie soll die Qualität der Eventagenda gesteigert werden, da die Einträge automatisiert geprüft und auf Duplikate untersucht werden. Wir bieten bereits heute die grösste Auswahl an Events in der Schweiz an – in Zukunft möchten wir die Kund:innen noch besser dabei unterstützen, rasch und übersichtlich die für sie persönlich relevantesten Veranstaltungen zu finden. Zudem begleiten wir unsere Veranstalter:innen vor, während und nach der Durchführung von Events stärker und individueller mit Tipps und Empfehlungen.

Eventfrog Data Science

Interview mit Marc Bravin, Doktorand an der Hochschule Luzern (HSLU)

Hallo Marc, die HSLU und Eventfrog starteten vor Kurzem in ein zweijähriges Projekt: Worauf freust du dich persönlich am meisten?

Ich freue mich besonders auf die spannenden Diskussionen im Projektteam und die Resultate vom Einsatz der entwickelten Modelle im produktiven Betrieb. Bei diesem Projekt haben wir die Gelegenheit mit erfahrenen Data Scientists aus der Praxis eng zusammen zu arbeiten. Das ermöglicht eine rasche Industrialisierung der entwickelten Modelle.

Forschung und Industrie kommen zusammen: Welche Vorteile ergeben sich dadurch?

Es können die neusten Machine Learning Algorithmen aus der Forschung direkt in der Praxis getestet und produktiv genutzt werden. Daraus entsteht ein direkter Mehrwert für die Forschung, wie auch für die Realwirtschaft und insbesondere für Veranstalter:innen und Ticketkäufer:innen von Eventfrog. Ausserdem ermöglicht eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie ein wirkungsvoller Wissens- und Erfahrungstransfer.

Weshalb ist für dich gerade die Zusammenarbeit mit Eventfrog, respektive dieses Projekt spannend?

Benutzergenerierte Inhalte, vor allem unstrukturierte Daten wie Texte oder Bilder, nehmen in Zukunft immer mehr an Bedeutung zu. Ein effizientes Monitoring solcher Inhalte und dann daraus Erkenntnisse abzuleiten ist enorm komplex. Als aufstrebendes, datenorientiertes Unternehmen besitzt Eventfrog einen wertvollen Datenpool, mit welchem die aktuellsten Erkenntnisse aus der Forschung in der Praxis erprobt werden können.

Welche Ziele sollen bis zum Endes des Projektes erreicht werden?

Mittels Einsatz von maschinellem Lernen soll die Qualität der von Veranstalter:innen erfassten Inhalten auf Eventfrog laufend analysiert und verbessert werden, sodass die Plattform beliebig skaliert werden kann und Ticketkäufer:innen eine möglichst attraktive Eventagenda zur Verfügung steht. Ausserdem sollen neue Empfehlungs-Algorithmen entwickelt werden, welche beispielsweise den Ticketkäufer:innen passende Events vorschlägt oder die Eventveranstalter:innen unterstützt ihre Reichweite zu erhöhen und die passende Zielgruppe zu erreichen.

Vielen Dank für deine Antworten und Einblicke in die Welt des Machine Learnings. Wir freuen uns auf die ersten Resultate!